Es immer wieder in der Diskussion, wann eigentlich Kinder auch als Opfer von interfamilärer Gewalt sind.
Die Studienlage und die Haltung entsprechender Organisationen sind klar. Denn auch dann, wenn Kinder „nur“ im Haushalt leben, wo es zu mindestens einer Form von Gewalt kommt, sind sie mitbetroffen. Selbst dann, wenn sie nicht sehen, wie die Mutter geschlagen wird, nicht live hören, wie die Mutter abgewertet und beschimpft wird. Es ist bizarr zu meinen, dass Kinder dann nicht betroffen sind.
Um zu verstehen, dass Kinder auch dann mitbetroffen sind, braucht es keine Studien, Statements von Organisationen und Berichte von Betroffenen. Es reicht gesunder Menschenverstand, Einfühlungsvermögen und Empathie.
Wenn eine Elternbeziehung nicht auf Augenhöhe gestaltet ist, z.B. die Mutter zusammenzuckt, wenn sie nur die Schritte des Vaters hört, od. innerlich aufatmet, wenn er geht, ist das Kind mitbetroffen. Wie wird es wohl einer Mutter gehen, wenn sie immer wieder abgewertet wird? Stabil, selbstbewusst und fröhlich? Wohl kaum. Destabilisiert, belastet, voller Sorgen, wütend, traurig, ist näher an der Realität.
Gewalt ist i.d.R. nicht plötzlich da und hört auch nicht plötzlich für immer auf. Gewalt entwickelt sich meist schleichend.
Stellen wir uns einen Frosch vor, der im Kochtopf sitzt. Nach und nach wird das Wasser wärmer. Frosch nimmt eine Veränderung wahr. Anfangs ist es irritierend, der Frosch weiß nicht recht, ist es jetzt wirklich wärmer im Topf oder trügt mein Gefühl? Aber irgendwann ist es unverkennbar heiß und fühlt bedrohlich an, dann heißt es - verbrennen oder es wagen rauszuspringen.
Dieser Moment ist für viele Frauen der Moment, wo sie Kraft und Mut zusammennehmen u. mit ihren Kindern aus dem Topf springen. Was dann passiert ist ungewiss. Sie wissen sie nicht, landen sie in Sicherheit oder landen sie in der heißen Pfanne.
Spätestens am Punkt, wo die Mutter eine Veränderung wahrnimmt, wie der Frosch im Topf, sind die Kinder mitbetroffen. Je heißer das Wasser, umso mehr.
Kinder sind IMMER mitbetroffen bei Gewalt, der Grad der Ausprägung variiert.